Freitag, 1. November 2013

Marita de Sterck: Unbewohntes Herz (Oetinger 2013)

1)Nach dem Lesen dieses Buches weiß ich nicht recht, was ich davon halten soll. Die Autorin nimmt eine Zeit in den Blick, die  bisher nicht oft in Jugendbüchern vorgekommen ist:  Die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts. Katholisches Milieu trifft auf patriarchalische säkulare Familien Verhältnisse. Die etwa 13jährige Emma lernt zunehmend,  was es heißt eine junge Frau zu werden und kämpft gegen all die unsinnigen Tabus dieser Zeit, die unter Mädchen und Frauen grassieren, wenn es um Fruchtbarkeit und Kinderkriegen geht. Emma wird dadurch allmählich befähigt, die Geschichten der anderen richtig einzuschätzen und am Ende eine wirklich eine mutige Tat zu tun.

Die Offenheit, mit der die Mädchen im Internat reden hat mich zunächst verblüfft. Spürbar ist aber immer, dass Derartiges sicher genauso abgelaufen ist. Ich war hin- und hergerissen zwischen Neugier, Amüsiertheit und auch Ekel. Oft schüttelte ich innerlich den Kopf, weil die von den Erwachsenen eingesetzten Mittel so hanebüchen scheinen. Ich weiß andererseits, dass es so war, historisch betrachtet. Also ist das Buch eigentlich als Zeitzeugnis lesenswert. Ich denke nur, es ist schwierig sich von heute aus in die Zeit hineinzuversetzen.  Auch wenn die Grundzüge der im Buch beschriebenen Tabuisierung sicher zuweilen immer noch lebendig sind.  Und der Bezug zum Titel ist mir bis zuletzt nicht ganz klar geworden. (UP13)


2) Text-Inhalt: Gegen ihren Willen wird die 13-jährige Emma weg von ihrer Familie in ein Internat geschickt. Dort soll sie bleiben, bis ihre Schwester wieder "gesund" geworden ist, da sie an einer unerklärten Krankheit leidet. Emma kommt also in ein strenges katholisches  Mädchenkloster und wird dort mit vielen neuen Dingen konfrontiert: Schlimmes Essen, viele neue Mädchen, der Glaube, all dies sind Sachen, die sie eigentlich von zu Hause nicht so gewohnt ist. Aber ein paar Mädchen (insgesamt sind es dann sieben) nehmen sich ihrer an. Nachts kriechen sie alle in einen Wandschrank und erzählen sich Geschichten oder singen Lieder. Die Anführerin ist Bie, ein nicht gerade nettes Mädchen, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen lässt. Emma merkt, dass sie für vieles noch zu jung ist, von dem die anderen reden, und diese lassen es sie auch deutlich spüren. Aber langsam wird auch Emma erwachsen, und der Gedanke an ihre Schwester und der Wunsch ihr zu helfen lässt sie etwas sehr mutiges tun.

Einschätzung: Was mich an dem Buch verwirrt hat, war die Gesamtsituation: einerseits gab es zwar Telefone, Rundfunk und andere "moderne" Sachen, andererseits schien mir das Geschehen, sowie die Tabus und Sitten die in dieser Geschichte erzählt werden, nicht in die Zeit zu passen. Dieser Widerspruch macht es schwer das Buch zu lesen und einzuordnen. Es hat eher Grundzüge einer Dokumentation, was ich persönlich aber auch nicht erwartet hätte. Ich hätte in diesem Fall wirklich Spannung gewünscht, nicht einfach nur eine Aneinanderreihung von Erzählungen. Manchmal ergab sich bei mir das Gefühl, der Autor denkt der Leser sei  dumm, denn was die Krankheit der Schwester ist, ist wohl ziemlich rasch festzustellen. Und wo ist der Bezug zum Titel? Wem gehört das "unbewohnte Herz"? Emma bestimmt nicht, denn sie macht sich ja viele Gedanken und "verliebt" sich ja doch irgendwie. Leider kann ich dieses Buch nicht empfehlen, denn ich fand es nicht spannend, interessant oder berührend. Das Lesen hat mich gelangweilt. (JB12)

Stichwörter: Mädchen, Internat, Pubertät, Schwangerschaft, Tabu, 60er Jahre