Donnerstag, 28. August 2014

Karen Foxlee: Das Mitternachtskleid (Beltz 2014)

1) Als ich das Buch zugeklappt habe, musste ich erst mal durchatmen. Wow! Was für ein Buch! Sollte ich es kurz beschreiben, würde ich sagen: es ist eine Mischung aus einem Buch von Marquez, „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ und Frischs „Andorra“.

Der Leser wird nach Australien entführt und wird mit der Natur konfrontiert. Nicht einfach nur mit Naturbeschreibungen, sondern mit dem Leben, dem Wesen der Natur. Regenwald-Atmosphäre, Geräusche, Licht, und Schatten, Tiere, es huscht, raschelt, bewegt sich hier in einem fort, nie ist Stillstand. Wasser spielt eine große Rolle, Gefahr lauert überall. Die Natur ragt in das Leben der Menschen hinein, drängt sich in die Häuser – das gilt für das Haus der alten Schneiderin Edie und auch für das Leben der waghalsigen und risikoliebenden Hauptfigur Rose. Skurrile Personen, Handlungen und Begebenheiten werden beschrieben. Vor dem inneren Auge entfaltet sich ein bunter dichter fremdartiger Film, der einen nicht loslässt.

Im Mittelpunkt steht außer Rose noch deren Freundin Pearl. Zwei gegensätzlichere Mädchen kann man sich kaum vorstellen: die eine scheu, zurückgezogen, ernst, schmal, verletzt vom Leben, das es nicht gut mit ihr gemeint hat. Die andere lebensbejahend, naiv, neugierig, sprühend und bis obenhin angefüllt mit neuen Idee, die immer das Gute meinen. Sie werden mit einer lyrischen und detailreichen Sprache so oft beschrieben, dass man sie am Ende des Buches zeichnen könnte. Dabei ist die Handlung eigentlich unspektakulär: Es geht um einen Ball, zu dem sich die Mädchen Kleider beschaffen müssen. Rose näht ihr dunkles Kleid selbst, Pearl greift in einem bunten Laden in die Vollen. Die Kleider passen zu den Mädchen, auch die Art des Beschaffens passt perfekt. Es ist, als ob Rose aus den Trümmern ihres alten Lebens ein neues webt und Pearl nimmt gedankenlos das bunte Naheliegende. Und dann … nein, das sollte nicht verraten werden.

Gefährlich wirkt dies Buch von Anfang an, weil verschiedene Personen etwas Drohendes in sich bergen. Da ist einmal Roses Vater, schwer einzuschätzen, für sie und für den Leser auch. Wanderarbeiter, Alkoholaffin, künstlerisch begabt. Dann der junge Antiquar Paul, dessen Wirkung und Benehmen eine verstörende Wirkung hat. Es gibt auch zwei Jungs aus der Schule, wie Rose und Pearl 16 Jahre alt. Edie natürlich, die den Part der allwissenden Frau hat und daher von der gesamten dörflichen Gemeinschaft schief angeschaut wird. Und natürlich das Dorf selbst, dessen Gerüchte immer bei der Postfrau zusammenlaufen und sich in fest sitzenden Vorurteilen Bahn brechen– und die Gerüchte haben es in sich.

Geschrieben ist das Buch, indem immer drei Geschichten miteinander verwoben werden: Roses Geschichte verwebt sich mit Edies Biografie. Und kursiv gedruckt lernt man von hinten angefangen einen Kriminalbeamten kennen, Grass, der irgendeinen Mord aufklären will. Wie das dann alles zusammenpasst ist äußerst verwunderlich am Ende des Buches und hält die Spannung die ganze Zeit oben.

Ich bin froh, dies Buch gelesen zu haben und würde es aber wegen der doch hohen Anforderung an den Leser erst ab 14 Jahre empfehlen. (UP13)

2) Freundschaft, Liebe und Tod - „Das Mitternachtskleid“ von Karen Foxlee.

Text-Inhalt: Rose Lovell und ihr Vater kommen mit ihrem Wohnwagen in einen kleinen Ort an der Pazifikküste Australiens. Als sie an die Schule kommt ist ihr gleich klar, dass sie dort niemals dazu gehören wird, besonders als sie von dem Ball der Zuckerrohrernte erfährt. Doch sie trifft auch die naive Pearl Kelly die sich mit einem viel älteren Jungen trifft, versucht ihren Vater in Russland zu finden und sie sogar überredet sich ein Kleid für den Ball zu nähen.
Am Abend des Balls passiert etwas schreckliches: Ein Mädchen verschwindet.

Einschätzung: Ein wunderschönes Buch, das bis zur letzten Seite Spannung bietet. Auch wenn von Anfang an klar ist das ein Mädchen verschwinden wird, ist nicht zu erkennen, ob es sich um Rose oder um Pearl handelt. (TH11)

Stichworte: Australien, Mädchenfreundschaft, Verrat, Vertrauen, Vorurteile