Dienstag, 1. Mai 2012

Schulamit Meixner: ohnegrund (Picus 2012)

Wenn Lesen bedeutet, im Kopf zu reisen, dann ist dieses Buch eine gute Möglichkeit. London. Tel Aviv. Wien. Indien. Das sind so ungefähr die Orte, an die man sich während der Lektüre möglichst gleichzeitig hinbeamen muss, denn die Geschichte ist nicht linear erzählt, sondern besteht aus einzelnen sich abwechselnden kurzen Erzählfragmenten, die sich der Leser im Laufe des Lesens selbst zusammensetzt, bis sich ihm auch das Letzte – die bis dahin rätselhaft wirkenden Wetterberichte zu Beginn jeden Kapitels  - ganz am Ende des Buches dann erschlossen hat.

Die Geschichte: Amy verlässt ihre ursprünglich aus Wien stammende und in London lebende Familie, um in Tel Aviv für sich ein neues Leben aufzubauen. Das ist überraschend und entgegen aller familiären Erwartungen. Und endet unerwartet für den Leser, spiegelt aber spürbar das Leben der gegenwärtigen jungen jüdischen Generation in Israel und derer Verbundenheit mit den Juden in aller Welt und ihrer wechselhaften Geschichte. Das Ende der Geschichte ist ernst und hoffnungsvoll, wird aber hier nicht näher beschrieben, damit der Reiz des Selbst-Lesens nicht verlorengeht.

Bereits mit den ersten Seiten wird deutlich, dies Buch behandelt ein ernstes , gegenwärtiges und interessantes Thema (deshalb ist mir auch völlig unverständlich, weshalb für das Buch auf dem Cover mit der Bezeichnung  „witzig“ geworben wird – hab ich das nicht erkannt?)
Ich habe das Buch in einem Zuge gelesen, weil es spannend ist. Als einigermaßen erfahrener Leser haben mir die Zeitsprünge in der Erzählung auch keine Probleme gemacht, ebenso hab ich mich schnell an die Eigenheiten österreichischer Ausdrucksweise gewöhnt. Ob Thema und Schreibweise für Jugendliche zu erreichen ist, kann ich nicht sagen. Sicher sollte man sich zuvor über die Geschichte des modernen Israel ein wenig informiert haben und sich in Grundzügen mit der Religion der Juden bekannt gemacht haben. In jedem Falle ein Buch, das nachdenklich macht und gleichzeitig informiert und das es lohnt zu lesen. (UP13)