Sonntag, 9. Dezember 2012

Silvana Gandolfi: In der Schusslinie (Carlsen 2012)



Sizilien, aus der Sicht eines etwa 14jährigen Jungen. Der Erzählstrang ist zunächst verwirrend, weil der Leser gleichzeitig mit zwei Jungen konfrontiert wird, von denen der eine den anderen zu bewundern scheint. Später begreift man, dass es sich um denselben Jungen handelt  - zu zwei verschiedenen Zeitpunkten seines Lebens. Zuerst trifft man den Jungen als kleinen geliebten Sohn einer Familie an, die sich um einen ehrlichen Lebenswandel im ländlichen Sizilien bemüht. Was misslingt, denn unweigerlich kommt es zu  Auseinandersetzungen mit mafiösen Verstrickungen. Am Ende sieht der kleine Junge, wie sein Vater getötet wird. Sprung. Der Junge ist jetzt etliche Jahre älter und lebt innerhalb des Zeugenschutzprogrammes mit geänderter Identität in einer anderen Stadt mit Mutter und Schwester. Schule, erste Liebe, Angst, Suche nach Vergangenheit, Selbständigkeit – alle diese Themen spielen nun für ihn eine Rolle.
Das Buch hat ein Thema, das vielleicht eher am Rande liegt, da Sizilien wirklich weit weg ist. Aber die Mafia ist immer schon dankbares Thema für Buch und Film gewesen, von daher ist das Thema an sich schon spannend. Dieses Buch hier hat durch die schnörkellose Erzählweise aus der Sicht des Jungen einen aufklärenden Charakter – was erzählt wird, ist brutal, grausam, blutig. Es ist aber nötig um zu zeigen, dass dies Thema zum Alltag der ländlichen Bevölkerung Siziliens gehört. Es gibt heute  Antimafiademonstrationen und die Menschen dort sind alles andere als zufrieden mit der Situation und bemühen sich um Veränderung – nur liegt dieses Themas bei uns nicht auf der Hand. Durch die ungewöhnliche Handlungsweise des Jungen wird deutlich, dass auch die bedrückendsten Verhältnisse noch Wege bieten, die gangbar sind. (UP13)



Stichwörter: Mafia, Sizilien, Italien